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Reise 2018 Teil 2

3 Jun 2018

Nun liege ich in meinem Bett, bin schon lange auf, denn die Nacht besteht nur noch aus 2 Stunden und die Sonne scheint schon seit 2.00 Uhr. 


Ich habe versucht mich durch lesen etwas abzulenken, einfach ist das jedoch nicht, immer schweifen die Gedanken ab und ich weiß gar nicht, was ich eigentlich gelesen habe. 


Ich denke an zu Hause, wie es ist, wie es werden wird. Ich sehe ganz deutlich an ganz konkretem Beispiel, wie schnell man an seine Grenzen kommen kann, wie das Leben einen beuteln und aus der Bahn werfen kann.


Was ist richtig, was ist falsch? Ich denke, das muss jeder für sich entscheiden. Und muss für sich wissen, was möglich ist, und was unmöglich ist. 


Als der Vater von Irene gestorben ist wollte ich ihn nicht noch einmal sehen. Irgendwie hätte ich das nicht ertragen. Als mein Vater gestorben ist, weiß ich, dass es ein Fehler war das ich ihn noch einmal gesehen habe als er tot war. Denn wenn ich an ihn denke, habe ich immer dieses Bild im Kopf, ich hätte lieber ein anderes Bild im Kopf.


Alles ändert sich im Leben, nichts bleibt wie es ist. Im großen, im kleinen. Ich will aber, dass alles so bleibt wie es ist, dass sich nichts ändert (sofern es gut ist). Das war schon immer so, wobei ich glaube, damit unterscheide ich mich nicht von anderen. 


Als ich klein war, haben Veränderungen in meinem Leben mir schwer zu schaffen gemacht. Ich weiß, wie mich die Scheidung meiner Eltern mitgenommen hat. Ich hatte damals immer Angst ins Bett zu gehen, die Albträume, die ich lange hatte, waren schlimm. Das einzige, was mich damals gerettet hat, war, dass mein Unterbewusstsein gelernt hat, meine Träume zu lenken. Ich konnte mir im Traum wünschen was ich träume, und dann habe ich das geträumt. Das kann ich, leider, nicht mehr.


Und jetzt bin ich nicht mehr klein und trotzdem fühle ich tief in mir, wie schwer ich mich mit Veränderungen tue. 


Vielleicht ist es mein innerer Schutz der verhindert, dass derartiges mich kaputt macht, vielleicht bin ich deswegen oft weit weg von allem, räumlich und innerlich. Denn ich weiß auch, wie tief verletzlich ich bin und was ich ertragen kann und wo die Grenze für mich ist. 


Ich möchte, dass die Operation für meine Mutter gut ausgeht. Natürlich weiß ich nicht wie es werden wird. Ich habe mir oft die Frage gestellt, ob ich nicht zurückfahren soll, zeitlich hätte ich es zwar nicht geschafft, aber das ist erst mal egal.


Vielleicht ist es außer meinem Selbstschutz mein doch vorhandener Aberglaube, der mich davon abgehalten hat. Wenn ich auf der Straße fahre, hinter mir ist ein Auto, dann zähle ich zum Beispiel die Begrenzungspfosten bis es mich überholt hat. Und je nachdem, welche Zahl erreicht wird, sage ich mir, dieses oder jenes wird gut oder es wird schlecht. Oder so viele Jahre lebe ich oder andere noch. Und in diesem Fall hat sich in meinem Kopf festgesetzt, dass durch meine Anwesenheit alles schlechter würde. Warum weiß ich nicht. 


Ich hoffe, dass ich Recht habe. 


Und jetzt werde ich versuchen, mich trotz allem etwas abzulenken, werde heute sicher wieder, wie so oft in den letzten Tagen, zu Hause anrufen, denn los lässt es mich ja doch nicht.


Der Fliegenschiss in der Geschichte… was soll ich dazu sagen, ich selbst bin bestimmt einer. Zumindest in der Geschichte der Menschheit. Und in der Geschichte unserer Welt noch viel weniger. 


Das 1000-jährige Reich, das auf wundersame Weise auf zwölf Jahre verkürzt wurde, war in der menschlichen Geschichte Deutschlands, Europas, der Welt, sicher nicht nur ein historischer Fliegenschiss.


Unabhängig von dem Kummer und Leid, dass viele Menschen ertragen mussten, sind die Umwälzungen, die sich infolge dieses Systems ergeben haben, immens. Durch den Krieg, der durch diesen Fliegenschiss ausgelöst wurde, wurde fast alles, was in unserer Welt existiert hat und mit den Menschen zusammen hängt, verändert. Dies bezogen auf die Politik, die Wirtschaft, und die technische Entwicklung. Wir würden heute nicht so leben wie wir leben, wenn es diesen Teil in der Geschichte der Menschheit nicht gegeben hätte.


Das schlimme an der Sache ist, dass dieser unsägliche Gauland, dieser wahrhafte Fliegenschiss der Menschheit, sich mit der Geschichte scheinbar so wenig auskennt wie das, was aus einer Fliege herauskommt. Leider hören manche auf ihn, so traurig  das auch ist.


Dann habe ich gelesen, dass in Dänemark die Vollverschleierung, die Burkas verboten werden sollen in der Öffentlichkeit. Das finde ich richtig und gut, auch hier in Schweden habe ich es jetzt erst wieder gesehen und meinem Freund Günter ein Foto davon gesendet. Man kann es sehen wie man es will, aber in einem islamischen Staat müssen Europäer sich auch an die dortigen Gepflogenheiten anpassen, insbesondere, was die Kleiderordnung betrifft. Wenn sie das nicht tun, dann haben sie sicher mit schlimmeren zu rechnen als nur mit verwunderten Blicken, die sie streifen. Dies insbesondere die Frauen. 


Dabei will ich es aber jetzt auch belassen. Ich spaziere hier gerade durch die Gegend und am Straßenende befindet sich ein riesiger Campingplatz mit Freizeitbad, Wasserrutsche und allem was dazugehört. Restaurants, Cafés, Übernachtungshütten und haufenweise Wohnmobile und Caravans. 


Obwohl es am Strand noch gar nicht so aussieht, alles liegt noch herum und ist noch nicht aufgebaut.


Der Himmel hat sich etwas zugezogen, die Sonne guckt nur sporadisch hervor. Etwas kühler ist es auch.


Nach einem Zwischenstopp in Jävre bin ich in Piteå gelandet, wo ich mir gerade die dortige Kirche angeschaut habe und jetzt durch die Stadt bummel, mich auf dem Rathausplatz niedergelassen habe und euch schreibe. Die Kirche ist die älteste Holzkirche in Norrland, die noch erhalten ist. 


Sie wurde 1686  erbaut und das verwunderliche an der ganzen Geschichte ist, dass sie überhaupt noch steht. Dann 1721 erreichten die Russen Piteå und brannten es nieder.


Die Stadt selber macht einen recht gemütlichen Eindruck, wobei ich die alte, ursprüngliche Stadt aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts noch gar nicht gesehen habe. Das passiert im Anschluss, vorher möchte ich aber das veröffentlichen da ich hier freies Internet zur Verfügung habe.


Vor etwa 30 Minuten hatte ich ein sehr gutes und langes Gespräch mit einer russischen Familie, Mann, Frau, Tochter und Sohn. Sie leben in Sankt Petersburg und sind gestern von dort losgefahren und heute hier eingetroffen. Dann fahren Sie weiter nach Norwegen. In zwei Tagen von Russland nach Norwegen. Nicht zu glauben. Die Frau konnte recht gut Deutsch und so konnten wir uns gut verständigen. Mein russisch ist ja, gelinde gesagt, absolut bescheiden und beschränkt sich vielleicht noch auf 20 Worte. 


Ich habe Ihnen mein Leid geklagt hat über das Verhältnis, welches zwischen Russland und Deutschland beziehungsweise Europa derzeit herrscht. Dann hab ich ihn das Video gezeigt dass 2013 in Jelez vom russischen Fernsehen aufgenommen wurde. Also, was soll ich sagen, es war einfach gut, dass sie mitbekommen haben, dass auch Deutsche sich für ein gutes Verhältnis zwischen Russland und Deutschland einsetzen.


Sie haben mich auch gefragt, welche Städte ich besucht habe in Russland. Als ich dann die großen Städte, sowohl die in Sibirien als auch die in Kernrussland  aufgezählt habe, haben sie mir gesagt, dass sie selber noch nie dort gewesen sind.


Wenn jetzt manch einer darüber verwundert sein mag, uns, beziehungsweise mir, geht es doch genauso was das eigene Land betrifft. Wie viele Städte in Deutschland habe ich noch nicht gesehen? Da fallen mir allein im Osten allerhand ein und im Westen sowieso.


Jetzt aber weiter mit dem, was heute noch so passiert ist. Nach 5 km war Öjebyn erreicht. Die erste Kirche die noch mal 7 km von Öjeby entfernt erbaut wurde, stammt aus dem 13. Jahrhundert. Da aber sich das Land stetig aus dem Wasser erhoben hat und der dortige Hafen nicht mehr nutzbar war, ist man nach Öjeby umgezogen. Und als 1666 ein Brand die Stadt zerstört hat ist man wiederum umgezogen in das heutige Piteå. 


Die Kirche, die ich besichtigt habe und in der ebenfalls wie bereits in der anderen Kirche eine Taufe stattfand, stammt aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts. Ende des 15. Jahrhunderts erfolgte ein  Umbau und Mitte des 18. Jahrhundert ein weiterer. Die Orgelspielerin in der Kirche konnte sehr gut Deutsch und mit ihr habe ich mich dann bis zum Beginn der Taufe angeregt unterhalten.


Um die Kirche herum gruppieren sich lauter kleine Holzhäuschen, welche meist nur aus einem Zimmer bestehen. Diese Gruppierung dieser Häuser um die Kirche herum resultiert aus der Reformation und der damit einhergehenden Kirchenbesuchspflicht, welche 1650 eingeführt wurde und deren Nichteinhaltung mit Strafe belegt wurde. 


Die Menschen, die weiter weg wohnten, haben daher eine Unterkunft in unmittelbarer Nähe der Kirche benötigt. Dies ist der Grund, warum der derartige Kirchenstädte in ganz Norrland und Schweden entstanden sind.


Und das, was ich hier besichtigt habe, ist eine dieser Kirchenstädte. Nachdem ich durch die engen Gassen und zwischen den Holzhäusern entlang gegangen bin habe ich mich daran gemacht, nochmals 50 km Richtung Norden zu fahren.


Ziel war wiederum eine Kirchenstadt, und zwar die von Gammelstads. Dieses gesamte Ensemble gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Prinzipiell war es ähnlich wie das, was ich bereits vorher angeschaut habe, allerdings hier viel umfangreicher. 


Im 14. Jahrhundert wurde und an dieser Stelle eine Holzkirche errichtet. Schon Anfang des 15. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der Steinkirche begonnen, die Ende des 15. Jahrhunderts eingeweiht werden konnte. Die Kirche selbst wurde samt der Mauer und den Toren so errichtet, dass sie in Kriegszeiten als Verteidigungsbollwerk genutzt werden konnte. Das nördlichste Tor samt den darin befindlichen Schießscharten stammt original aus der Erbauungszeit. Der Kirchturm wurde Ende des 19. Jahrhundert gebaut und ersetzte damit den älteren Glockenturm aus Holz.


Das Innere der Kirche ist wahrhaft beeindruckend, der Altar, die Kanzel, die Bemalung der Kirche. Der Flügelaltar stammt aus dem Jahr 1520 und sollte ursprünglich im Dom von Stockholm eingebaut werden. Aber die Leute hier hatten eben mehr Geld…


Als ich die Kirche besichtigt habe war drin eine Reisegruppe aus Deutschland samt einer Führerin, welche natürlich in Deutsch alles erzählt hat. Da musste ich mich nur anschließen und habe manches erfahren, was mir sonst verwehrt gewesen wäre.


Von den insgesamt ehemals 71 Kirchentädten in Schweden existieren heute noch 16. Gammelstad hat die größte und am besten erhaltene. Über 408 Häuschen gruppieren sich um die Kirche. Der Ursprung dieser Häuschen liegt im 16. Jahrhundert, wobei die derzeitigen Häuschen zwischen 100 und 300 Jahre alt sind.


Auch hier war so, dass aufgrund von geologischen Veränderungen die Stadt verlegt werden musste. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum diese Gebäude überhaupt erhalten geblieben sind.


Meine weitere Reise wird sich nun nicht mehr an der Ostsee orientieren, ich bin ja nun fast am nördlichen Ende des Bottnischen Meerbusens angekommen. Ab jetzt geht es ins Landesinnere. Ich möchte euch die Spannung nicht nehmen wohin es genau geht, daher lasst euch überraschen.


Was ich noch vergessen habe, ich habe heute mal in den Auslagen von Maklerbüros die Häuserpreise angeschaut. Das ist Wahnsinn, wie preiswert man hier ein kleines Haus mit Wassergrundstück bekommt, das geht ab 30.000 € los und für 100.000 € bekommt man schon ein größeres Haus, was bei uns dreimal so viel kosten würde.


Vorhin habe ich noch einmal mit meiner Mama telefoniert. Ihr Glück gewünscht ihr auch gesagt, dass ich überlegt hatte zurück zu kommen. Aber es wäre ein schlechtes Omen gewesen. So wie Abschied nehmen. Und da ich das nicht will soll sie kämpfen und sich darauf freuen, gesund zu werden damit wir uns wiedersehen. Und sich auf ihren 90 Geburtstag freuen den wir doch alle gemeinsam feiern wollen. 

12 Jun 2018

12 Jun 2018

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