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Reise 2018 Teil 2

4 May 2018

Glaubt mir, es ist schon eine Herausforderung bei 8° Lufttemperatur, trotz Sonne, und vielleicht sechs oder 7° Wassertemperatur am frühen Morgen ein Morgenbad zu nehmen. Aber es muss einfach sein. Ich weiß, Günter, du kannst das nicht nachvollziehen, aber hinterher fühlt man sich einfach besser. 


Es war wieder eine wunderbare Nacht in absoluter Ruhe. Am frühen Morgen hat mich ein Vogel geweckt, der auf dem Dach meines Führerhauses rumgepickt hat. Die 50 km bis Kalmar habe ich jetzt zurückgelegt und stehe momentan halb unter der Brücke nach Öland. Und gleich geht’s weiter auf die Insel…


Da bin ich auch gelandet und habe als erstes gleich in der der Brücke das Informationszentrum besucht. Von dort allerdings ging es stracks weiter Richtung Süden bis zum etwa 1000 Jahre alten Runen Stein „Karlevistenen". Er wurde zu Ehren eines Wikingerfürsten aufgestellt. Und wenn einer meint, das ist lange her, muss man bedenken, dass Ölland bereits um 7000 v. Chr. bewohnt wurde. 


Dann bin ich noch ein Stück weiter gefahren um letztlich in Mörbylånga den hiesigen Campingplatz aufzusuchen. Das ist im übrigen das erste Mal auf der Reise, dass ich nicht frei übernachte. Das hängt aber auch damit zusammen, da ich von hier aus mit dem Rad eines der größten Gräberfelder der Insel anzuschauen möchte. Was ich dann natürlich auch getan habe, trotz des Gegenwindes. Hin und zurück waren es etwa 50 km, davon allerdings die Hälfte ohne Motorunterstützung, da der Akku leer war.


Das Gräberfeld von Gettlinge erstreckt sich über eine Länge von circa 2 km mit Schiffsetzungen, Einzelgräbern und Grabhügeln. Insgesamt gab es über 250 Gräber, 200 davon sind erhalten. Untersuchungen haben ergeben, dass das Gräberfeld von etwa 1000 v. Chr. bis 1050 n. Chr. in Benutzung war. Also über 2000 Jahre lang wurden hier Menschen bestattet. Was werden ihre Geister wohl gedacht haben als ich über sie hinweggelaufen bin…


Der Name der Insel hängt übrigens damit zusammen, dass es auf ihr immer stürmisch ist. Aus diesem Grund wurden hier unzählige Windmühlen gebaut, von denen noch einige 100 erhalten sind. In einer habe ich auf der Rückfahrt hineinschauen können, da sie nicht verschlossen war. Eine wacklige Angelegenheit ist es schon in so einem einbeinigem Wesen zu stehen...


Weil ich gerade daran denken muss... Günter hat mir vorgeschlagen, dass ich doch nach Leipzig ziehen solle. Er hatte das schon mal angedeutet, da hatte ich es nicht so richtig ernst genommen. Aber letztens haben wir noch mal darüber gesprochen und er hat schon gute Argumente angeführt. Insbesondere, dass man sich dann natürlicherweise viel häufiger sehen kann, sich unterstützen kann wenn Not am Mann ist, eben füreinander da sein kann. Seit Ostern dreht sich dieser Gedanke in meinem Kopf herum...



3 May 2018

Geschützdonner! Maschinengewehrsalven! Das Rasseln von Panzerketten hat mich aus seligem Schlummer gerissen. Die schwedische Armee startet ihre Frühjahrsoffensive... Oder sind’s gar die Russen? Die von allen verschrieenen Unholde, die Einlass Begehren? Nichts von alledem, nach Nachfrage bei einem hübschen Mädchen, die gleich mir die Nacht hier verbracht hat, handelt es sich um den wohl unmittelbar angrenzenden Übungsplatz des schwedischen Militärs. Nachdem ich ausgiebig mit ihrem Hund gespielt habe und einen kleinen Morgenlauf gemacht habe ging’s bei sommerlichen 6° ab nach Kristianstad, der ehemaligen dänischen Festungsstadt. 


Die Stadt wurde 1614 gegründet und aus meiner Sicht gibt es hier nicht so viel zu sehen. Und ob ihres relativ jungen Alters ist die Stadt auch nicht besonders sehenswert. Angeschaut habe ich mir die heilige Dreifaltigkeitskirche die zwischen dem Bahnhof und dem Marktplatz steht. Die Kirche wurde zwischen 1617 und 1628 erbaut. Das erstaunliche an ihre sind die erstaunlich schlanken Granitpfeiler, die doch über eine erhebliche Höhe das Gewölbe abstützen. Allerdings ist den damaligen Bauleuten die ein erheblicher Fehler unterlaufen, in dem die zwei vordersten Säulen etwa 30 cm zu weit von der östlichen Mauer weg platziert wurden. Die Symmetrie ist damit erheblich gestört. Was sagt uns das? Ebenso wie Heute wurden früher beim Bauen erhebliche Fehler begangen…

Lange werde ich hier nicht verweilen, ich werde noch Einen Teil der bestehenden Bastionen anschauen. Und dann geht’s schon weiter…


Nach der Besichtigung der Bastei bin ich weitergefahren, Richtung Kalmar. Morgen möchte ich von Kalmar aus auf der Insel Öland übersetzen und sie besichtigen. Jetzt sind es noch etwa 50 km bis Kaymer, also im Prinzip ein Katzensprung. Momentan habe ich mir einen wunderschönen Stellplatz für die Nacht gesucht und gefunden, am Ufer Des Sees Törn bei Vissefjäfda. Ich denke, dass ich morgen Früh  mein erstes Süßwasserbad der diesjährigen Reise in Schweden nehmen werde...


Auf dem Weg habe ich noch einen Zwischenstopp beim Lachsaquarium/ Museum in Mörrum eingelegt. Leider war ich zu spät dran um noch Lachs vom Buffet speisen zu können. Aber: aufgehoben ist nicht aufgeschoben.


Vorhin habe ich mit meinem lieben Freund Guenter telefoniert, er hat mir berichtet, was es für neue Verwicklungen mit dem Iran gibt. Insbesondere das, was die amerikanische Schmalzlocke dazu zum besten gegeben hat und welche „Beweise" aufgetischt wurden. Es erinnert sehr daran, wie die USA unter Bush mit dem Irak umgegangen sind. Und nicht zu vergessen ist, dass all die Verwicklungen, die Kämpfe, das Kalifat unter anderem auf die damals aufgetischten Lügen zurückzuführen sind. Ich hoffe nur, das es diesmal nicht wieder ebenso sein wird. Was sagt uns das: die Welt ist verrückt, insbesondere die Führungen einiger Staaten…


Das sollte auch einmal Anlass dazu sein, darüber nachzudenken, inwieweit die derzeitigen politischen Systeme nicht einer grundlegenden Überholung bedürfen.

2 May 2018

10.00 Uhr


Der Tag beginnt nach einer schönen Nacht mit traumhaften, aber kalten Wetter. Übernachtet habe ich im Naturschutzgebiet Sandhammaren auf einem schönen Parkplatz direkt hinter den beeindruckenden Dünen. Als erstes am frühen Morgen erfolgte ein Spaziergang durch die Dünen und am Strand entlang. Trotz Sonne waren es gegen 7.00 Uhr nur 8°, daher bin ich dann doch nicht in die aufgewühlte See gesprungen. Statt dessen führt mich mein erster Weg zur etwa 17 km entfernten Burg Glimmingehus, die ich schnell erreicht habe. Leider öffnet die Burg erst 11:00 Uhr und ich war schon 8:30 Uhr hier… Dessen ungeachtet hab ich sie angeschaut und konnte auch einen Blick ins Innere werfen. Die Burg wurde im 15. Jahrhundert erbaut und war früher von einer Ringmauer umgeben. Der Graben jedoch ist noch komplett erhalten. Vor der Burg befindet sich ein eine ehemalige, wieder hergerichtete Bauhütte. Selma Lagerlöf hat in ihrem Buch „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen" das vierte Kapitel dieser Burg gewidmet. Die Burg halt dann doch schon 10:00 Uhr geöffnet und so habe ich sie noch angeschaut. Beeindruckend ist insbesondere das ausgeklügeltes System von Todesfallen und Verteidigungsanlagen innerhalb des aus Naturstein gebauten Hauptgebäudes. So werden unter anderem die Auftrittshöhen der Treppenstufen von Geschoss zu Geschoss immer höher. Damit sollte den eventuellen Eroberern der Weg nach oben so schwer als möglich gemacht werden.


Nach weiteren 7 km bin ich beim Fels des Tanzes gelandet. Wir sind in einem Felsen über 550 Abbildungen und 700 Cup Entringen Markierungen enthalten. Diese Zeichnungen Sind nun schon etwa 3000 Jahre alt.


Nach 14 km habe ich dann Kivik erreicht. Hier befindet sich Kungagraven (Königsgrab) ein Grabhügel mit einem Durchmesser von 75 m welcher aus einer Unmenge von Steinbollen erbaut wurde. Das darin befindliche Kistengrab besteht aus zehn Steinplatten mit hineingeritzten Zeichnungen. Schiffe, Tiere, Waffen und sonstige Zeichen sind zu erkennen. Das Grab wurde etwa 1400 v. Chr. errichtet, wobei Hinweise in der Umgebung gefunden wurden, die auf eine Besiedlung um etwa 4500 v. Chr. hingewiesen haben. 


Etwa 300 m östlich von hier befindet sich ein Gräberfeld aus der Bronzezeit und der jüngeren Eisenzeit.  Dort wurden mehr als 130 Beisetzungen auf einer Fläche von 700 × 250 m festgestellt. Es gibt dort eine Schiffssetzung sowie die Fundamente von zwei Steinhäusern. Die Schiffssetzung ist etwa 60 m lang und 8,50 m breit, diese wurde höchstwahrscheinlich in der jüngeren Eisenzeit errichtet.


Übrigens: (das wichtigste...) Die Tickets für den Besuch des Königsgrabes musste man in einem Café am Zugang kaufen. Mit der netten Dame im Café hab ich mich ein bisschen unterhalten und unter anderem auch eine Beschreibung des Grabes in Deutsch erstanden. Im Gespräch hat sich dann ergeben, dass diese Dame aus dem Café die Verfasserin dieses Heftes ist. Und so hab ich mir auch gleich in dieses Heft ein Autogramm geben lassen. Unglaublich....


Mittlerweile, es ist jetzt 15.30 Uhr, bin ich nach einer Fahrt von noch mal stolzen 25 km wieder an der See, im Bereich der schönsten Strände und des kältesten Wassers. Is stehe etwa 100 Meter vom Strand entfernt auf einem schönen Parkplatz mitten im Wald. Wenn ich mal Zeit und Muße habe werde ich mal versuchen, die Fahrstrecke zu rekonstruieren damit ihr bei Lust und Laune dieselbe nachfahren könnt... Lufttemperatur wird derzeit um die 15° sein, die Wassertemperatur so um die 5°. Was ich damit sagen will: ICH WAR IM WASSER!!! bis zum Hals! Und es war herrlich. 


Ich werde hier, in absoluter Stille, die Nacht verbringen. Jetzt etwas lesen und es mir einfach wohl ergehen lassen...


Ich habe heute bei dem Gräberfeld frischen Bärlauch gefunden und natürlich geerntet... und den gab es gerade zum Abendessen mit Pasta... ein Gedicht!!!


Vielleicht noch zum besseren Verständnis: Ich benutze jetzt Tagebuchseiten, das bedeutet, dass der jeweilige neue Eintrag vorangestellt wird. Daher befinden sich die Fotos, die ich später veröffentlicht habe vor dem Text. Und beim Text vermeide ich, einen neuen Abschnitt im System zu beginnen, da die Zahl der Abschnitte pro Seite beschränkt sind. 


Wenn ich auf Reisen bin, dann ändert sich schon nach wenigen Tagen der Lebensrhythmus. Das äußert sich durch sehr zeitiges aufstehen und zeitiges schlafen gehen. Ich werde ruhiger, lasse mir mit allem mehr Zeit. Fernsehen gibt es nicht mehr, ich lese nun noch mehr und intensiver als zu Hause. Das erste Buch ist ausgelesen, jetzt hab ich noch 25 Bücher dabei. Natürlich denke ich viel nach, versuche, soweit möglich, mit „Einheimischen" ins Gespräch zu kommen. Das ist mir bisher schon recht gut gelungen trotz meiner sehr beschränkten Sprachkenntnisse. Meine Reisegeschwindigkeit hat sich auch verkürzt, dies betrifft zum einen die Geschwindigkeit an sich, die nun bei maximal 70 km/ Stunde liegt. Wenn man so weit oben sitzt hat man einen ganz anderen Blickwinkel und wenn man noch dazu nicht schnell fährt, kann man so viele Dinge sehen, die ansonsten nicht zu erkennen wären. Zum anderen betrifft es aber auch die am Stück zurück gelegten Kilometer. Ich lasse mir einfach das, was uns Menschen nur ganz unzureichend gegeben ist: Zeit... Apropos Zeit: Es ist jetzt 20.45 Uhr und ich bin im Bett...



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